„Sie werden mit dem Roboter operiert“, diesen Satz hören immer mehr Patientinnen und Patienten bei Eingriffen im Bauchraum. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Chirurgie bei fast allen Operationstypen weg von dem Dogma „großer Chirurg – großer Schnitt“ hin zu minimalinvasiven Eingriffen entwickelt.
„Es hat sich gezeigt, dass Operationen in der minimalinvasiven Technik neben dem langfristig kosmetischen Vorteil insbesondere in der frühpostoperativen Phase funktionelle Vorteile gegenüber dem offenen Vorgehen bieten: Patienten haben zum Beispiel einen geringeren Schmerzmittelbedarf und können deutlich früher aus dem Krankenhaus entlassen werden“, so Prof. Dr. med. Stefan Heinrich, Chefarzt der Chirurgie 1 für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie am Klinikum Mutterhaus.
Die minimalinvasive Chirurgie wird heutzutage routinemäßig bei Darmoperationen für Entzündungen und bösartigen Tumoren eingesetzt. Auch in der Speiseröhren-, Leber- und Bauchspeicheldrüsenchirurgie sind deutliche Vorteile der minimalinvasiven Chirurgie belegt. Nach der Entwicklung der laparoskopischen und mini-laparoskopischen Chirurgie werden seit einiger Zeit nun Operationen robotisch vorgenommen. „Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen selbstständig operierenden Roboter, sondern um ein Hochpräzisionsinstrument für die minimalinvasive Chirurgie, mit dem viel präziser operiert werden kann“, erklärt Heinrich.
Der verantwortliche Chirurg führt die Operation sitzend an einer Bedienkonsole durch, die die Bewegungen des Operateurs über das System an den Operationstisch überträgt. Der Roboter setzt diese Bewegungen dann am Patienten um. Ein zusätzlicher Chirurg operiert unmittelbar am Operationstisch mit, wechselt zum Beispiel Instrumente des Roboters aus und kann im Bedarfsfall jederzeit in die Operation eingreifen. „Das robotische System bietet dem Operateur eine dreidimensionale Sicht mit exzellenter Bildauflösung und wackelfreiem Kamerabild. Dadurch können eindrucksvolle Vergrößerungen erzielt werden, die zur Präzision des Systems beitragen. Zudem können die Instrumente entgegen der laparoskopischen Technik im Operationsfeld vergleichbar der menschlichen Hand in allen Ebenen ebenfalls wackelfrei bewegt werden", so Heinrich. Diese Systeme werden seit vielen Jahren mit großem Erfolg in der Urologie eingesetzt.
Im Klinikum Mutterhaus wird der Roboter in der Gynäkologie und in der Allgemein- und Viszeralchirurgie eingesetzt. „Aufgrund unserer hohen Expertise in der minimalinvasiven Chirurgie ist der Schritt von der Laparoskopie zur Robotik nahezu unbemerkt vollzogen worden“, betont der Chefarzt. Unter anderem werden aktuell an vier Tagen der Woche neben Bauchwandbrüchen vor allem Antireflux-Eingriffe, Dickdarm- und Mastdarmoperationen sowie Leber- und Pankreaseingriffe vorgenommen. Ab 2024 werden auch Speiseröhrenoperationen robotisch angeboten. „Aufgrund der enormen Präzision und der damit verbundenen Vorteile für die Patienten wird der Stellenwert dieser Technologie in der gesamten Allgemeinchirurgie deutlich zunehmen, vor allem aber in der Chirurgie von Tumorerkrankungen, bei der die operative Präzision besonders wichtig ist“, schlussfolgert Heinrich.
Weitere Informationen unter Zentrum für minimalinvasive und robotische Chirurgie